Mainzer Bundestagsabgeordnete suchen inklusives Gespräch

Die Mainzer Bundestagsabgeordneten Ursula Groden-Kranich (CDU), Tabea Rößner (Die Grünen) sowie der Landesbehindertenbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz, Matthias Rösch, haben sich am Freitag, 18.09.2015 um 09:00 Uhr im Bioladen „natürlich“ in der Mainzer Neustadt getroffen, um gemeinsam mit Vertretern der Gesellschaft für psychosoziale Einrichtungen Mainz (gpe gGmbH) über Inklusionsbetriebe zu sprechen. Anlass hierzu waren die bundesweiten Informationswochen der Inklusionsbetriebe, bei denen sich über 100 Bundestagsabgeordnete in ihren Wahlkreisen über die Aufgaben von Inklusionsbetrieben informierten.

Zunächst begrüßte Jörg Greis, Geschäftsführer der gpe gGmbH Mainz, die Anwesenden herzlich und bedankte sich bei den Bundestagsabgeordneten Groden-Kranich und Rößner für ihr Kommen. Im Anschluss daran nannte er den inhaltlichen Rahmen der Zusammenkunft: Das Gespräch diene vornehmlich dazu, Politik und Inklusionsbetrieben ein Kennenlernen zu ermöglichen, so Greis. Die gpe gGmbH betreibt insgesamt sechs Inklusionsbetriebe in Mainz und dem Landkreis Mainz-Bingen (Café Forster, Hotel INNdependence, Cap-Supermärkte in Mainz und Jugendheim sowie die Bioläden „natürlich“ in Mainz und Ingelheim).

Weiterhin führte Jörg Greis aus, dass sich Werkstatten im Sinne einer Dezentralisierung verändern müssen: „Die Arbeitsplätze müssen in die Mitte der Gesellschaft gebracht werden und somit eine Begegnung auf Augenhöhe ermöglichen. Deswegen werden mehr Inklusionsbetriebe benötigt“, so die Forderung von Seiten der gpe.

Die Inklusionsmitarbeiter Andreas Kunz (Hotel INNdependence), Claudia Wolf und Christian Löhnert (beide „natürlich“ Mainz) berichteten im Anschluss den äußerst interessierten Politikerinnen über ihre Mitarbeit in den Betrieben. Einvernehmlich kamen sie zu dem Schluss, dass die Arbeit in den Inklusionsbetrieben ihren eigenen Lebensweg in durchweg positiver Weise beeinflusst hat. Andreas Kunz offenbarte beispielsweise, dass viele der von der Agentur für Arbeit vorgeschlagenen potentiellen Arbeitgeber keine barrierefreien Zugänge zu ihren Unternehmen anbieten konnten – für ihn als Rollstuhlfahrer ein (leider) klares Ausschlusskriterium. Frau Wolf, Kassiererin im „natürlich“ Mainz, liebt den Kundenkontakt und ist stolz, viele der Kunden persönlich zu kennen. Christian Löhnert verfolgt ein klares Ziel: Schichtleiter im „natürlich“ zu werden. „Doch dafür muss ich noch viel lernen“, fügte er lächelnd hinzu.

Eine Frage, die derzeit viele Menschen in Deutschland interessiert, stellte Ursula Groden-Kranich: „Nehmen psychische Erkrankungen in Deutschland zu?“

Matthias Rösch, Landesbehindertenbeauftragter des Landes Rheinland-Pfalz, stellte hierbei schnell klar: Nicht die Erkrankungen an sich seien das Problem, sondern Umwelt und Gesellschaft – Beschleunigung, Multitasking, permanente Erreichbarkeit und Verfügbarkeit der Menschen seien heutzutage selbstverständlich geworden. Jeder müsse immer freundlich, schnell und produktiv arbeiten. Es gebe nicht unbedingt mehr Erkrankte, vielmehr habe sich die Arbeitswelt so verändert, dass psychisch Erkrankte aus dem allgemeinen Arbeitsmarkt fallen und somit in das Bewusstsein der Gesellschaft rücken.

Diesen Einwand griff Alexander Tränkmann auf: “Die gpe im Speziellen und Inklusionsbetriebe im Allgemeinen sind Orte geblieben, um den Kundenkontakt zu fördern, aber auch seinen Fähigkeiten entsprechend zu arbeiten. Dort ist eine bewusste Entschleunigung zu spüren“, so der Hotelmanager des INNdependence. „Inklusionsbetriebe sind Betriebe des allgemeinen Arbeitsmarktes, es ist daher natürlich eine Herausforderung, die ‚schwarze Null‘ zu erreichen, die wir jedoch jährlich stemmen. Als Gewinn ist uns der sozial geschaffene Mehrwehrt umso wichtiger“, führte er weiterhin aus.

Rösch wies außerdem darauf hin, dass das „Bundesteilhabegesetz“ gerade in Vorbereitung ist. „Dieses Gesetz ist die wichtigste bundespolitische Maßnahme der aktuellen Regierung im Bereich der Behindertenarbeit“, so der Landesbehindertenbeauftragte. „Ich bitte Sie, liebe Politikerinnen, bleiben sie an diesem Thema dran“, richtete Rösch sein Wort an Tabea Rößner und Ursula Groden-Kranich.

Derzeit gibt es 840 Plätze in Rheinland-Pfalz, die durch die Ausgleichsabgabe finanziert werden: Diese ist jedoch finanziell endlich und dadurch gedeckelt. Mehr Mittel würden bedeuten, noch mehr Inklusionsarbeitsplätze fördern zu können – was die gpe gGmbH Mainz sehr begrüßen würde. Rheinland-Pfalz ist im bundesweiten Vergleich dennoch unter den Besten, was Fördermittel betrifft.

Tabea Rößner fasste abschließend zusammen, worin sich alle Beteiligten einig waren: Inklusionsbetriebe sind ein Erfolgsmodell für die Teilhabe am Arbeitsleben von Menschen mit Behinderung. Und diese Modelle müssen weiterhin nicht nur monetäre Förderung, sondern auch Anerkennung erfahren.

Foto von links: Matthias Rösch, Andreas Kunz, Alexander Tränkmann, Jörg Greis, Claudia Wolf, Christian Löhnert, Edith Siesenop, Tabea Rößner, Ursula Groden-Kranich

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CAP-Märkte der gpe in Mainz-Weisenau und Jugenheim/Rheinhessen schließen

Die gpe muss aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die CAP-Märkte in Mainz-Weisenau und Jugenheim/Rheinhessen schließen.

Gestiegene Lebensmittelpreise führten bundesweit zu einem verändertem Konsumentenverhalten. Es werden zunehmend „Whitelabel“ Produkte, also Eigenmarken, gekauft. Damit sinkt die Gewinnmarge. Bei gleichbleibenden Wert des Einkaufsbons, aber kontinuierlich sinkenden Kundenzahlen und steigenden Energie- und Lohnkosten, entsteht ein erhebliches Defizit. Dies macht es der gpe unmöglich, die Märkte weiterhin als Inklusionsbetriebe zu betreiben.

Mit Vorlage des wirtschaftlichen Halbjahresergebnisses, welches für beide CAP-Märkte jeweils ein Defizit im sechsstelligen Bereich ausweist, musste die Entscheidung getroffen werden, diese zu schließen.

Inklusionsbetriebe sind Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes mit besonderem sozialen Auftrag. Sie unterliegen den ganz normalen marktwirtwirtschaftlichen Gegebenheiten. Zwischen 25 % und 50 % des Personals sind Menschen mit Behinderung. Inklusionsbetriebe haben daher oftmals einen höheren Personaleinsatz, da nicht alle Mitarbeiter mit Behinderung die volle Arbeitsleistung erbringen können.

Den Mitarbeitenden des CAP-Marktes Jugenheim wurde dieser Entschluss Ende  Juli mitgeteilt, die Schließung erfolgt zum 31.10.24.

Seit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe stehen die Mitarbeitenden täglich unter Druck, sich vor Kunden rechtfertigen zu müssen. Zudem werden sie mit Gerüchten und Spekulationen konfrontiert, wie beispielsweise, dass der Markt bewusst nicht mehr vollständig beliefert werde, wenn mal ein Artikel ausgeht, oder dass technische Mängel absichtlich nicht behoben würden. Dies führt zu einer zusätzlichen und erheblichen Belastung für die Mitarbeitenden, die sich selbstverständlich Sorgen um ihre berufliche Zukunft machen.

Um eine solche Situation in Weisenau zu vermeiden, haben wir uns entschieden, die Mitarbeitenden zeitnah vor der Schließung zu informieren. Und zwar zu einem Zeitpunkt, an dem klar war, dass für alle eine Weiterbeschäftigung innerhalb der gpe gesichert werden kann. Diese Entscheidung trägt dazu bei, den psychischen Druck auf unsere Mitarbeitenden zu minimieren und ihnen gleichzeitig die Sicherheit zu geben, dass sie auch weiterhin ein Teil unseres Unternehmens bleiben werden. Es wird daher keine betriebsbedingten Kündigungen geben.

Als gpe sind wir immer bestrebt neue Arbeitsplätze für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung zu generieren und zu schaffen. Die Schließung von Betriebsstätten ist auch für uns ein sehr schwerer Schritt.